Fahrbericht mit der Odin nova de lux am 16.10.2011

Bei 3 Bft. und strahlendem Herbstwetter konnte ich mit der Odin nova de lux auf dem Altmühlsee erste Fahreindrücke sammeln.

 

Unkompliziert und freundlich wurde für Sonntagnachmittag ein Probeschlag vereinbart und gemeinsam mit Herrn Lamprecht ging es auf die bereitliegende Yacht. Der erste Eindruck beim Betreten der Yacht mit gefülltem Wasserballasttank: krängungsmäßig kein Unterschied zu den bleitransportierendem Schwerstern.

Überhaupt wirkt das Boot trotz seines recht hohen Aufbaues insgesamt proportioniert, die oval geschnittenen Bullaugen nehmen dem Aufbau optisch etwas die Wucht. Der umlaufende Seezaun ist sehr stabil und vertrauenserweckend. Kleines Detail am Rande: die sechs Klampen sind äußerst solide ausgeführt, bestechen auch durch ihr Design und sind wie alle Metallteile an Deck nichtrostend. Ihr Anordung zeigt, dass auch an Schleusenfahrer gedacht wurde.

Der japanische 90 PS Außenborder (Viertakter) springt sofort an und in Schleichfahrt geht´s aus dem Hafern. Geräuschentwicklung und Vibration sind bei 1.000 U min -1 kaum spürbar, kein Vergleich zu den herkömmlichen "dieselstinkenden Rüttelplatten". Als dann der Hebel "auf den Teller" gelegt wird, kommt Motorbootfeeling auf. Geschätzte 18 kn geflutetem Ballasttank sind ein Wort, selbst bei 6.000 U min -1 kann man sich noch gut im Cockpit unterhalten.

Nach dieser "Sonderfahrt" werden Segel gesetzt. Die Beschläge sind an der richtigen Stelle, zwei 4-Fache Fallstopper machen das Segelsetzen aus dem Cockpit möglich. Die Rollgenua steht gut, auch das durchgelattete Segel steht faltenlos und bringt die Odin schnell auf Trapp. Meine ersten Wenden sind ein bisschen holperig, mit Pinne wäre das (vielleicht) nicht passiert. Geschätzte 4-5 Knoten läuft der Dampfer, wenn man nicht zu hoch herangeht, dabei - das freut den Alleinfahrer - kann man auch mal das Steuerrad loslassen, ohne gleich eine Patenthalse zu fabrizieren. Segeln ohne Kurzkielerhektik, ein wenig behäbig, aber auch Sicherheit durch das hohe Freibord vermittelnd, entspricht das Segelverhalten am ehesten dem eines Fahrtenschiffes.

 

 

 

 

Das Deck wirkt aufgeräumt, der schmale Weg am Seezaun nach vorne ist durch entsprechende Nirohandläufe gesichert und ohne Fußfallen, der Boden ist mit einer Antislipstruktur im Laufbreich versehen und vermittelt einen sicheren Stand. Dir Dimensionierung von laufendem und stehendem Gut ist angemessen, die Ausführung insgesamt wertig.

Die Großschotbelegung an der Steuersäulen grenzt die Trimmmöglichkeiten des Goß etwas ein, ein Traveller ist nicht vorgesehen. An der spielfreien, aber etwas synthetisch wirkenden Steuerung scheiden sich die Geister: Boshafte Zeitgenossen werden an einen Autosacooter erinnert, ein "richtiges Rohr oder eine Pinne" wird sich der ambitionierte Segler wünschen, einzig der Motorbootfahrer ist zufrieden... Die Steuersäule wiederum steht wie eine Eiche, nichts wackelt, klappert oder zittert. Platz für Kompass und sonstige optionale Instrumrnte ist auch vorhanden. Auch die Sitzposition ist passend, was allerdings auch "bei Lage" noch zu prüfen wäre.

Unter Deck setzt sich der (über Decks-) Qualitätseindruck fort. Ein angenehm heller, mit hellem Holz ausgestatteter Salon empfängt mit Stehhöhe, die Holzarbeiten sind von guter Qualität. Die hellen Polster wirken hochwertig und gediegen, aber wenn ich an einem rotweinseligen Bordabend denke, wäre mir ein dunklerer und vor allem feutigkeitsabweisender Stoff lieber. Der Toilettenraum bietet beinahe Stehhöhe und kann nachEignerwünschen ausgebaut werden. Plätze für Kühlbox und Pantry sind vorhanden, eine Kartenecke fehlt (leider). Die Heckkojen lassen reichlich Platz für 2 Personen. Das Gleiche gilt auch für die V-Koje im Bug. Die Elektrizität ist sauber ausgeführt, Kabel und Schalttafel sind ausreichend dimensioniert, Platz für eine 2. Batterie ist vorhanden.

Fazit

Wer braucht so ein Schiff? Die selbsternannten Experten und Segelgurus in den verschiedenen Medien sparen jedenfalls nicht mit Kritik an diesem "Zwitter". Das kann man sich unreflektiert zu eigen machen, wenn man (noch) keine Meinung hat oder gerne Anderen naqch dem Munde redet. Man kann sich aber auch selbstkritisch fragen, was ist für mich persönlich notwendig, wichtig, wünschenswert, vernachlässigbar?

Wer ein reviertaugliches Schiff für die großen Ströme. Binnen- und Küstengewässer sucht, gemächlich über Kanäle schippern will, sicher zu Berg fahren möchte, auch untiefe Ankerplätze nutzen will, die Option einer schnellen Reise auf eigenemKiel oder am Haken der Familienkutsche in begrenzten Zeitfenster schätzt, wird sich unweigerlich mit dem ODIN-Konzept auseinander setzen müssen. Wer Siege bei Vereinsregatten anstrebt und lange Blauwasserfahrten durchführen will, Onassis kennt oder in Saint Tropez seinen Drittwohnsitz hat, für den gibt es sicher Besseres und Hochpreisigeres. Wer jedoch als Wassersportler ohne Dünkel und Vorurteile die Möglichkeit sucht, Segel- und Motorboot- in einer Konstruktion kostengünstig vereint- zu nutzen, hat es relativ leicht:

Für das hier skizzierte Nutzungsprofil gibt es nicht viele Anbieter und konstruktiv insgesamt überzeugende Lösungen; und hier ist die probegefahrene ODIN nova de lux eine echte Alternative.

Volker Ehler
Segellehrer, Skipper, seit 30 Jahren (auch)
Motorbootfahrer und (Blauwasser-) segler